Frieden

„Der Mensch der Zukunft wird ein zur Liebe Erwachter sein, oder er wird nicht mehr sein.“

Wir sind mitten im Advent. Mitten im Warten auf den Erlöser, auf den Friedensfürsten. Und mitten in dieser Zeit wird alljährlich am 10. Dezember in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen.

Sicherlich: Wir haben mit dieser Preisvergabe im engeren Sinne nicht viel zu tun. Aber ist es nicht etwas Großartiges, dass Menschen gewürdigt werden, die sich um den Frieden in der Welt in besonderer Weise verdient gemacht haben oder verdient machen?

Kann dieser Tag nicht auch ein Tag sein, an dem wir uns fragen dürfen, wie es denn mit uns und unserem Frieden, mit dem Frieden in unserer kleinen Welt aussieht?

Vor einiger Zeit habe ich einen Text gefunden, der mich immer wieder berührt und beschäftigt. Einen Auszug des Textes gebe ich Ihnen hier zum Mitlesen. Der Autor ist Willigis Jäger, Benediktinermönch und Zen-Meister. Als er den Text verfasste, war er bereits 84 Jahre alt.

„Ich glaube nicht, dass das „du sollst“ und „du musst“ die Gesellschaft aus der Egozentrik herausführt. Das versuchen wir seit Jahrtausenden und damit sind wir nicht weitergekommen. Auch die Religionen haben es nicht geschafft. Sobald wir Ich und Du sagen konnten, brachte Kain seinen Bruder Abel um. Dieser Mythos hat sich in entsetzlicher Weise ausgeweitet. Wir müssen erkennen, dass Liebe die Grundstruktur der Evolution ist und dass nur sie ein friedliches Zusammenleben garantiert. Dann braucht keiner mehr zu sagen: Du musst mir helfen. Ich helfe mir selber, wenn ich dem anderen helfe. So wird eine Weltordnung geschaffen, die allen gerecht wird und nicht nur einigen.

Entscheidend ist, die Liebe zu leben, die Liebe zu meinen Mitmenschen, die Liebe zu meiner Umgebung. (…) Nur wenn ich mein Leben in Liebe und Verbundenheit leben kann, hat es auch Sinn. Dann kann ich einmal sagen: In der Liebe bleiben wir miteinander verbunden. Wir müssen eine Erkenntnisebene erreichen, die aus der Ich-Eingrenzung herausführt. Wir haben zu begreifen, dass Liebe und Verbundenheit die Grundstruktur der Welt darstellen, gegen die wir momentan verfehlen. Das versucht uns die Mystik schon seit Jahrtausenden zu sagen. Liebe ist die Grundstruktur des Universums. Die Menschen in diese Ebene zu führen, ist der wirkliche Weg in die Zukunft.  Die Welt ändert sich nur, wenn wir aus dieser fatalen Egoeingrenzung herauskommen. Aber dieser Weg führt nicht über Gebote. Den Weg dorthin finden wir in den spirituellen Angeboten der Religionen, er führt über Bekenntnisse und Gebote hinaus in eine Erfahrung der Verbundenheit und Liebe. Der Mensch der Zukunft wird ein zur Liebe Erwachter sein, oder er wird nicht mehr sein.“

Willigis Jäger

Ich wünsche uns diesen Frieden.

 

Aus dem Buch: „Und was mach ich, wenn ich tot bin?“ von Claudia Toll und Iris Schürmann-Mock

Erschienen im Pendo Verlag München 2009

 

Tauben auf der Wartburg

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